Vorkriegstunnel am Goetheplatz

Der Tunnel der heutigen U6 zwischen Sendlinger Tor und Goetheplatz – einschließlich des Bahnhofs Goetheplatz – wurde bereits in den Jahren 1938-41 im Rohbau fertiggestellt, allerdings noch als Teil einer geplanten Nord-Süd-S-Bahntrasse. In der Lindwurmstraße war am 22. Mai 1938 durch Adolf Hitler der erste Spatenstich für diesen Tunnel getätigt worden, der den Anfang vom Ende der Trambahn einläuten sollte. Die Bauarbeiten waren Teil des Umbau Münchens zur "Hauptstadt der Bewegung", was unter anderem auch eine Verschiebung des Hauptbahnhofs nach Westen und zahlreiche neue Prachtstraßen beinhaltet hätte.

Bis 1941 war der Rohbau des "Lindwurmtunnels" fertiggestellt, erste Triebwagen sollten im selben Jahr geliefert werden. Die kriegsbedingte Verknappung der Ressourcen führte zur Einstellung dieser Arbeiten. Der Rohbau wurde während des Krieges als Luftschutzkeller genutzt, wovon heute noch Beschriftungen an den Tunnelwänden zeugen.

Die geplante Strecke hätte in etwa dem Verlauf der heutigen U6 geähnelt:
(Harras) - Lindwurmstraße - Goetheplatz - Sendlinger Tor - Stachus - Odeonsplatz - Ludwigstraße - Leopoldstraße - Ungererstraße - Freimann.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet der Tunnel zunächst in Vergessenheit, Teile mussten nach Bombeneinschlägen verfüllt werden und in den anderen Teilen des bereits fertiggestellten Bauwerks wurde Schwammerlzucht betrieben, da sich das feuchte Klima und die gleichbleibenden Temperaturen dazu bestens eigneten. Erst als die Pläne zum Bau einer U-Bahn auf dieser Trasse aktuell wurden, besann man sich wieder des bereits existierenden Bauwerks und setzte es für den heutigen Zweck instand. Die ersten Besichtigungsfahrten des U-Bahn-Referates mussten noch in einem Schlauchboot duchgeführt werden, da der Tunnel voll Wasser stand.

U-Bahnhof Goetheplatz mit ausfahrendem A-Wagen Bahnhof Goetheplatz Bautechnisch wäre es einfacher gewesen, das bestehende 590 Meter lange Bauwerk an Ort und Stelle unberührt zu lassen und die neue Trasse darunter aufzufahren, jedoch stand dem der politische Wille im Weg, an die alten Bauten anzuknüpfen. Daher mussten unter anderem mit Sprengungen an unpassenden Mauerteilen im März 1965 die Tunnelbauwerke U-Bahn-tauglich gemacht werden und anschließend der Innenausbau durchgeführt werden. Der Abschnitt liegt daher auch deutlich flacher unter der Erde als andere U-Bahnhöfe und Streckentunnel.
Insgesamt musste die Stadt der Bundesbahn 5,5 Millionen D-Mark für dieses Bauwerk zahlen, das im U-Bahn-Referat am liebsten gar nicht genutzt worden wäre.1

Quellen

  1. Zimniok (1980), S. 48 ff