U-Bahn München Blog

Poccistraße: Ausschreibung zur Bauwerksstabilisierung

27. Februar 2023

Autor: Florian Schütz — Abgelegt unter: Netz, U-Bahnhöfe — 20:00

Die Stadtwerke München schreiben Maßnahmen zur statischen und brandschutztechnischen Ertüchtigung des U-Bahnhofes Poccistraße aus. In den Details der öffentlichen Ausschreibung lassen sich einige interessante Details ablesen, was Gegenwart und Zukunft des U-Bahnhofs betrifft.

U-Bahnhof Poccistraße Im Rahmen der Planungen zur Entlastungsspange U9, deren Inbetriebnahme aber frühestens in den 2040er-Jahren zu erwarten ist, wäre der Bahnhof zwar stillzulegen. Allerdings ist weder der Bau der U9 aktuell vollständig gesichert noch lassen die strukturellen Schäden am Bahnhof bis dahin einen sicheren Betrieb des Bahnhofs möglich. Sollte die U9 nicht gebaut werden, ist zudem ein aufwändiger bergmännischer Ersatzneubau der Bahnsteigshalle vorgesehen.

Wie stark der Verfall der in den 1970er-Jahren nachträglich eingefügten Station wirklich ist, lässt sich in der Ausschreibung nun erkennen:

Aus diesem Grund sollen nur zwingend erforderliche Maßnahmen für die Restnutzungsdauer von ca. 20 Jahren umgesetzt werden. Die nachfolgend beschriebenen statischen und brandschutztechnischen Defizite werden jedoch als so schwerwiegend erachtet, dass die Ertüchtigungen auch vor dem Hintergrund der begrenzten Restnutzungsdauer erforderlich sind.

Somit ist die Zielsetzung der Maßnahme die Wiederherstellung eines standsicheren und dauerhaften Bauwerks sowie die deutliche Verbesserung der brandschutztechnischen Situation unter Berücksichtigung der geltenden Sicherheitsanforderungen, Normen- und Vorschriften.

U-Bahnhof Poccistraße mit Deckenstützkonstruktion Dass der U-Bahnhof seit geraumer Zeit sanierungsbedürftig ist, ist selbst für Laien mittlerweile offensichtlich – stehen doch zahlreiche Stahlträgerkonstruktionen auf dem Bahnsteig, die dort in den vergangenen Jahren entstanden sind, um den weiteren Verfall der Deckengewölbe des Bahnhofs aufzuhalten.

Durch den nachträglichen Bau des Bahnhofs traten wiederholt Probleme auf, bereits während der Bauzeit wurde zunächst die Zulassung für den den damals verwendeten Spannstahl widerrufen. 1977 wurden Risse in der Decke dokumentiert, 1978 trat ein Spann­stahl­bruch in einem Deckengewölbe auf. Im Jahr 2015 und 2016 wurden Absenkungen um bis zu 39 Millimeter an der Decke des Bahnhofs festgestellt, weswegen zunächst die Innenverkleidung der Decken entfernt wurde. Kurz danach wurde dann mit dem Einbau von Stützträgern begonnen, die ein weiteres Absinken der Decke verhindern sollen. Damals sind die SWM noch davon ausgegangen, binnen 5 Jahren eine dauerhafte Lösung errichten zu können, siehe sueddeutsche.de: Vollsperrung von U-Bahn-Station Poccistraße denkbar.

Wie es zu den Senkungen kam, wird in den Ausschreibungsunterlagen erläutert:

In den Deckengewölben der Bahnsteigebene wurde spannungsrisskorrosionsgefährdeter Spannstahl verbaut. 2015/2016 wurden zahlreiche Spanngliedbrüche, eine deutliche Absenkung der Kragarme, Risse in dem Deckengewölbe, sehr geringe Restsicherheiten und ein ungünstiger Versagensmechanismus festgestellt. Daraufhin wurden 2017 in einer Sofortmaßnahme sechs Gewölbe provisorisch mit Stahlträgern unterstützt und die anderen Gewölbe mit einem Monitoringsystem ausgestattet. 2019 kam es zu einen weiteren Spanngliedbruch, gefolgt von einer weiteren Stahlunterstützung. Der Schadensprozess schreitet voran, daher muss eine statische Ertüchtigung aller 31 Deckengewölbe vorgenommen werden.

Wie diese Ertüchtigung ausgeführt werden soll, wurde im Vorfeld bereits analysiert und festgelegt:

Für die Ertüchtigung ist eine neue Stahlunterstützung, die gegenüber der bereits verbauten Konstruktion verstärkt werden muss, vorgesehen. Dabei müssen die vier vorhandenen Bahnsteigunterstützungen kleinteilig abgefangen werden und auf die Zielkonstruktion umgelagert werden. Die neue Unterstützungskonstruktion muss aufwärtskompatibel sein und auf Grund des unklaren Projektumfeldes sowohl einen Ersatzneubau des Bahnhofs ermöglichen als auch dessen Außerbetriebnahme nach Fertigstellung der U9.

Neben den in den 1970ern verbauten minderwertigen Stahlarten enthalten die Deckengewölbe auch Schadstoffe, die bei der Sanierung zu berücksichtigen sind:

Die Decke im Bereich der Bahngleise besteht jeweils aus einem Längsgewölbe. In die Hülsen der Spannstäbe, die im Bahnsteigbereich an den horizontalen Gewölbeenden, im Gleisbereich jeweils an den Zwickeln zu den Gewölbeenden liegen, wurde Spritzasbest (Blauasbest) eingefüllt.

Der Zeitplan für die nötigen Maßnahmen wurde durch die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) bereits nach dem ursprünglich festgestellten Problemen 2015/16 festgelegt:

Mit der TAB wurde für die Behebung der Standsicherheitsdefizite ein Zeitraum von 10 Jahren abgestimmt der 2026 endet.

Brandschutz

Ebenfalls Teil der Ausschreibung ist die Verbesserung des Brandschutzes im U-Bahnhof, wofür wahrscheinlich aufwändige Einbauten erforderlich sein werden:

Nördlicher Treppenbereich im U-Bahnhof Poccistraße Die sehr ungünstigen geometrischen Ausgangssituation (u. a. geringe Deckenhöhe, Tiefenlage des Bahnhofs, beengte Zugangsbauwerke, zahlreiche Bahnhofsstützen) führt zu einer schnellen Verrauchung bei gleichzeitig langer Entfluchtungszeiten. Daher ist der U-Bahnhof Poccistraße in der höchsten Gefährdungsstufe („Gefährdungsstufe 6“) eingestuft. Eine maschinelle Entrauchungsanlage sowie bodentiefe Einhausungen der beiden Aufgangsbereiche sind daher erforderlich.

Hierfür werden entweder Varianten unter Nutzung der bisherigen Luftschwallanlagen vor dem U-Bahnhof angedacht oder neue Luftschächte über dem U-Bahnhof vorgesehen. Allen Varianten gemein ist ein Fortluftbauwerk mit Schalldämpfern, über das im Brandfall die Rauchentwicklung an die Oberfläche geleitet wird.

Quellen

Alle Zitate stammen aus den Ausschreibungsunterlagen, die entweder über ted.europa.eu oder die Ausschreibungsseite der SWM veröffentlicht wurden.

Spatenstich für die U6-Verlängerung nach Martinsried

6. Februar 2023

Autor: Florian Schütz — Abgelegt unter: Netz, Störungen und Bauarbeiten, U-Bahnhöfe — 22:43

Am 6. Februar 2023 wurde der offizielle erste Spatenstich für die Verlängerung der Münchner U-Bahnlinie 6 nach Martinsried in der Gemeinde Planegg im Landkreis München getätigt.

1. Spatenstich Martinsried. Bürgermeister Nafziger, Ministerpräsident Söder, Minister Blume und Bernreiter In Anwesenheit von Planeggs Bürgermeister Hermann Nafziger, Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder, Verkehrsminister Christian Bernreiter, Wissenschaftsminister Markus Blume, dem Landrat des Landkreises München, Christoph Göbel, und dem Geschäftsführer der Projektmanagementgesellschaft (PMG) Dr. Dimitri Steinke, wurde damit nach langen Jahren des Warten und von Projektverzögerungen der Streckenbau offiziell begonnen. Im Jahr 2022 fanden bereits vorbereitende Maßnahmen und die Baufeldfreimachung statt.

Eine Linie von Exzellenz zu Exzellenz: Mit der Verlängerung der Wissenschaftslinie U6 verbinden wir das Forschungszentrum Garching mit dem in ganz Europa einmaligen Life-Science-Campus in Martinsried. Das ist eine zentrale Weichenstellung für die Zukunft des Forschungsmekkas in und um München und des gesamten Hightech-Lands Bayern. Denn Wissenschaft braucht Vernetzung – in allen Bereichen.

Wissenschaftsminister Markus Blume

Die Gesamtkosten des Vorhabens belaufen sich derzeit auf rund 212 Millionen Euro. Finanziert wird das Projekt partnerschaftlich vom Bund, dem Freistaat, dem Landkreis München und der Gemeinde Planegg. Aufgrund der herausragenden Bedeutung des Projekts für den Wissenschaftsstandort Bayern beteiligt sich der Freistaat in besonders hohem Maße an der Finanzierung. Von den zuwendungsfähigen Kosten für die Streckeninfrastruktur übernimmt der Freistaat 20 Prozent, von den nicht zuwendungsfähigen Kosten 50 Prozent. Die Kosten der bereits fertiggestellten Park & Ride Anlage am Campus Martinsried trägt der Freistaat sogar zu 85 Prozent. Die Anschaffung zusätzlicher U-Bahnfahrzeuge bezuschusst der Freistaat zusätzlich mit 75 Prozent. Insgesamt wird die Förderung des Freistaats voraussichtlich in einer Größenordnung von rund 77 Millionen Euro liegen.

Die Ausbaustrecke umfasst den Bereich zwischen der bestehenden Abstellanlage am U-Bahnhof Klinikum Großhadern im Osten einerseits und dem künftigen Ende am Bahnhof Martinsried im Gemeindegebiet Planegg im Westen andererseits.

Der neue U-Bahnhof

Rendering des geplanten U-Bahnhofs Martinsried Der U-Bahnhof Martinsried ist ein geplanter U-Bahnhof auf dem Gemeindegebiet von Planegg. Er wird bei seiner Fertig­stellung der neue südliche Endbahnhof der U6 sein und damit den bisherigen Endbahnhof Klinikum Großhadern ablösen. In Martinsried erschließt er weniger die Gemeinde selbst als den Forschungs­campus, wo unter anderem die Fakultät Biologie der Ludwig-Maximilians-Universität ihren Sitz hat.

Der nüchterne Entwurf zur Gestaltung beinhaltet viele Sichtbetonflächen, einzelne gelbe Farbakzente und einige pfiffige Ideen, die den Bezug zur Umgebung mit den Forschungsinstituten Ludwig-Maximilians-Universität aufnehmen.

Weiter Informationen zum U-Bahnhof: U-Bahnhof Martinsried

Quellen